Lösungsorientiertes Coaching- Eine neurowissenschaftliche Perspektive

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie es neurowissenschaftlich gesehen dazu kommt, dass wir ein Problem als Problem (= „Störung“) wahrnehmen und wie das Gehirn versucht, die Störung zu beseitigen, sprich eine Lösung zu finden. In Coaching-Gesprächen nutze ich diesen Ansatz, denn alle KlientInnen kommen mit ihrem ‚Problem‘ zu mir und wünschen passende, am besten gute/ideale Lösungen. Im Folgenden dient das Bild des Oleanders als Anschauungsobjekt für die neurowissenschaftliche Herleitung:

Der Oleander ist ähnlich unserem Nervensystem: Er hat viele Abzweigungen, Verbindungen, manche enden, manche verzweigen weiter. Und immer in Veränderung. Beim Oleander nennt sich dies Wachstum, bei unserem Gehirn Neuroplastizität. Wir sind fähig zu wachsen und zu lernen, ein Leben lang. Neurobiologisch entstehen mit dem Lernen neue Verzweigungen und Verknüpfungen. Lernen geschieht ausschließlich aufgrund von Irritation, d.h. etwas ist anders als sonst, passt nicht in mein Mindset und stört! Ich tue dann etwas anderes als sonst, um es in den Griff zu bekommen – und nicht durch Zurückgreifen auf Vertrautes und Gewohntes. Krisen und jegliche „Störungen“ wie Stress oder das, was wir als Problem benennen haben also das Potenzial, Entwicklung und Lernen auszulösen. Meist sehen wir dies im Moment der Krise und der Belastung nicht. Wir fühlen in erster Linie Stress und der ‚Interpret‘ in unserem Kopf sagt „dieses Problem will ich nicht haben, weil…“. Damit entsteht noch mehr Stress. Wenn alles wieder in ruhigere Fahrwasser gerät, wird jedoch oft wahrnehmbar: Die Krise/das Problem hat mir geholfen zu…

Wozu könnte die Krise/das Problem gut sein?“ Dies ist eine der wichtigsten Einstiegsfragen in meinem Coaching!

Nicht zuletzt aufgrund meiner hohen Affinität zu den Fachbereichen Neurowissenschaften, Medizin und Psychologie sehe ich meine KlientInnen ganzheitlich und frage ich mich: Wieso nehmen sie die Situation xyz als Problem wahr und wie können sie dieses (selbst!) lösen?

Es gibt also auf der einen Seite ein Problem und auf der anderen Seite eine Lösung, ein bewusstes Wachsen und Lernen. Beides gehört zusammen wie eine untrennbare Dialektik. Zwischen einem Problem und dessen Lösung gibt es jedoch häufig auch eine Art „Barriere“ bzw. ein missing-link. Wir spüren primär Stress, der ein ‚Symptom‘ dafür ist, dass wir einen Unterschied wahrnehmen zwischen der Realität und dem, was wir gerne/lieber als Realität hätten. Gerald Hüther würde an dieser Stelle sagen, es entsteht ein Zustand von Inkohärenz oder Störung, weil das Bild, das ich in mir oder von mir selbst habe nicht mit dem Außen übereinstimmt.

Wieso kommt es zu dieser „Störung“?

Sobald wir einen Unterschied wahrnehmen zwischen unserem Selbstgefühl, gespeist von unseren Interpretationen! und der Realität, geraten wir in Stress und versuchen, diese „Störung“ zu beseitigen, das Ganze wieder einheitlich und stimmig zu gestalten.

Grundsätzlich ist dies ein hervorragender Erhaltungsmechanismus des Menschen, die Ambition entstehen lässt, aktiv nach Lösungen zu suchen.

Jedoch greifen wir dabei häufig auf unbewusste, automatisierte Reaktionen zurück, was einen großen Haken hat:

  • Wir kreieren uns eine eigene, subjektive Sicht auf die Welt auf der Basis früh in der Kindheit erlernter Interpretationsmuster bzw. Glaubenssätze.
  • Wir wenden die ‚alte‘ Lösungsstrategie immer wieder an und tappen deshalb ständig in die gleiche ‚Falle‘.

Beim Autofahren ist es sehr nützlich, auf Automatismen zurückzugreifen. In zwischenmenschlichen Beziehungen allerdings nicht. Hier besteht ein großes Potenzial an Fehleinschätzungen und die Neigung zu verzerrten, kurzsichtigen Urteilen über den anderen, die auf meiner erfahrensbasierten Identität basieren, die heute aber nicht (mehr) stimmen muss!

Zum Beispiel höre ich in der Stimme meines Mannes einen Vorwurf, der mich eigentlich nur um etwas gebeten hat. Augenblicklich gehe ich in die Verteidigung, reagiere, weil meine Selbstwertregulation auf Erwartungserfüllung eingestellt ist und genau hierin liegt meine Barriere, die verhindert, dass ich die Bitte meines Mannes als ganz normale, neutrale Frage wahrnehme.

Wie finde ich eine gute Lösung?

Der erste Schritt ist, meine Barriere, mein Automatismus zu (er)kennen. Was bewirkt eigentlich meine Interpretation der Situation?

Und dies ist im Prinzip einfach: Es sind unsere Gedanken, denen Gefühle folgen und Verhaltensmuster. Byron Katie nennt dies die Entstehungsgeschichte von Leiden.

Wie voranstehend bereits genannt: Die meisten Gedanken sind aus früheren Erfahrungen der Kindheit generiert, d.h. aus konditionierten Lernprozessen entstanden, die heute nicht mehr gelten müssen!

Ergo: Erst wenn ich meine (alten) Gedanken bewusst wahrnehme, sie kenne, einordne und prüfe, kann ich zu einer veränderten und in der Regel objektiveren (Neu)Bewertung einer mich belastenden Situation kommen und geeignete Maßnahmen/Initiativen ergreifen, die wirklich zu der äußeren Situation passen!

Der Stress entsteht also im Kopf und genau da ist der Ansatz für die Lösung.

Diese Erkenntnis hat mich nicht nur zu den Neurowissenschaften gebracht und zur Kognitiven Verhaltenstherapie, sondern auch zu The Work von Byron Katie.

Jetzt haben Sie diesen Artikel gelesen. Probieren Sie einfach mal das Prüfen Ihrer Gedanken. Sind es Gedanken, die sich wiederholen? Sind diese auch schon zu früheren Zeiten aufgetaucht? Welche Gedanken kommen auf, wenn Sie an Ihr Problem denken? Wie sehr sind diese berechtigt und nützlich im Verhältnis zur Realität? Welche Lösung sehen Sie wenn Sie den Gedanken nicht hätten oder einen anderen? Das ist alles sehr spannend und Sie werden merken, dass Sie Ihre Komfortzone verlassen. Mein Tipp: Fangen Sie in kleinen Schritten an, nicht morgen, sondern heute. Und falls Sie mal Unterstützung möchten, wenden Sie sich gerne an mich.

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